Der deutsche nationale Konsens über Wunddokumentation und Wundresultate: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | Chronische Wunden sind eine medizinische Herausforderung und stellen eine große Belastung für die Patienten, die Gesellschaft und die Kostenträger dar<sup>1</sup>. Die medizinische Komplexität wird durch die große Variationsbreite der pathogenetischen Bedingungen, klinischen Merkmale und Komorbiditäten <sup>2</sup> verursacht. | |
+ | Die Patienten erleiden deutliche Einschränkungen der Lebensqualität<sup>3,</sup><sup>4,</sup><sup>5,</sup><sup>6,</sup><sup>7</sup>, erhebliche kumulative Beeinträchtigungen im Lebensverlauf<sup>8</sup> und weitgehend unerfüllte Bedürfnisse durch die Behandlung<sup>9</sup>. Die sozioökonomischen Auswirkungen chronischer Wunden sind beträchtlich. Die jährlichen Durchschnittskosten pro Patient sind hoch und erreichen in Deutschland 8.500 Euro für venöse Beinulzera <sup>10</sup> und etwa 10.000 Euro für arterielle Ulzera <sup>11</sup>. Treibender Faktor der Gesamtkosten ist die große Zahl von Patienten mit chronischen Wunden in der Gesellschaft. Basierend auf Daten der gesetzlichen Krankenkassen liegt die Inzidenz chronischer Wunden in Deutschland bei etwa 0,1%, die Prävalenz bei 0,9%<sup>12</sup>. Bundesweit werden etwa 900.000 Patienten mit chronischen Wunden aktiv behandelt. Die Qualität der Gesundheitsversorgung weist große Unterschiede auf. Eine gute Qualität wird durch die Einbeziehung der Wundspezialisten in den Behandlungsprozess <sup>13</sup> prognostiziert. Schließlich ist das Erreichen einer substanziellen gesundheitsbezogenen Lebensqualität ein Hauptziel der Wundversorgung<sup>14</sup>. | ||
− | + | Zu einer genauen und effizienten Behandlung gehört der Einsatz von Ergebnismessungen sowohl in der klinischen Versorgung als auch in der Forschung. Die Gesundheitsversorgung kann durch den Einsatz von Behandlungszielen im Laufe der Zeit weiter optimiert werden. Standardisierte Sätze von Wunddokumentation und Ergebnisparametern erleichtern die Wundversorgung in der klinischen Routine. Es werden spezifische Kriterien für die Interpretation der Ergebnisse und Definitionen klinisch bedeutsamer Endpunkte benötigt. Bislang sind in Deutschland, wie in den meisten anderen Ländern, keine solchen systematischen Standards veröffentlicht und verabschiedet worden. Stattdessen mangelt es nach wie vor an einem Konsens über die Dokumentation und Messung chronischer Wunden. Darüber hinaus gibt es noch keine Vereinheitlichung der standardisierten Zielsetzung in der Wundbehandlung. | |
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− | + | Um Standards für die Messung und Interpretation von Wundheilungsergebnissen festzulegen, wurde 2012 eine deutsche nationale Konsensgruppe ins Leben gerufen. Dieser Gruppe gehörten Vertreter der nationalen medizinisch-wissenschaftlichen Gesellschaften an, die mit der Versorgung chronischer Wunden befasst sind. Darüber hinaus wurden Mitglieder regionaler Wundnetzwerke, weitere Entscheidungsträger und Experten aus verschiedenen beruflichen und institutionellen Bereichen eingeladen. | |
+ | Der vorliegende Beitrag stellt die Prozesse und Strukturen der nationalen Konsensgruppe, die Qualitätsstandards und die priorisierten Arbeitsthemen vor. | ||
− | + | Eine erste umfassende Analyse wurde von einer EWMA-Arbeitsgruppe zu Wundergebnissen <sup>15</sup> durchgeführt. | |
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+ | Bewertung chronischer Wunden </br> | ||
+ | Selbst den von Palfreyman et al. in die Metaanalyse einbezogenen Studien <sup>16</sup> fehlte es deutlich an Informationen und wissenschaftlicher Aussagekraft für wesentliche Aspekte wie Verblindung, Leistungsberechnung und Vergleichbarkeit der Basislinien zwischen den Vergleichsparametern. Dieselben Ergebnisse wurden von Heyer et al. <sup>17</sup> berichtet (Abb. 1). In dieser ausführlicheren Metaanalyse wiesen nur weniger als 5% der Publikationen ein zufriedenstellendes Design und eine zufriedenstellende Darstellung der Ergebnismessungen auf. | ||
+ | <lightbox-embedding src="file:Studien.png" group="image-group-1" caption="Abb. 1: Unzulänglichkeiten klinischer Studien zu chronischen Wunden im Hinblick auf Ergebnisparameter und Ausgangslage. " width="400" height="300" style="width:300px; height:300px;"/> | ||
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Initiiert von den deutschen Zentren für Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm) und bei Gefäßerkrankungen (CVvasc), umfasst diese nationale Konsensgruppe Delegierte der deutschen wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften, die sich mit der Versorgung chronischer Wunden befassen, die nationalen Pflegeausschüsse und die Vorsitzenden regionaler Wundnetzwerke<sup>18</sup>. Darüber hinaus wurden die Dachverbände der deutschen Krankenkassen, das deutsche Gesundheitsministerium und weitere Einzelwundexperten eingeladen. | Initiiert von den deutschen Zentren für Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm) und bei Gefäßerkrankungen (CVvasc), umfasst diese nationale Konsensgruppe Delegierte der deutschen wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften, die sich mit der Versorgung chronischer Wunden befassen, die nationalen Pflegeausschüsse und die Vorsitzenden regionaler Wundnetzwerke<sup>18</sup>. Darüber hinaus wurden die Dachverbände der deutschen Krankenkassen, das deutsche Gesundheitsministerium und weitere Einzelwundexperten eingeladen. | ||
− | <h4> | + | <h4>Einrichtung der nationalen Konsensgruppe</h4> |
− | + | Die Konsensgruppe wurde von Mitgliedern verschiedener Wundheilungsgesellschaften initiiert, die sich mit der Versorgungsforschung für chronische Wunden in Deutschland befassen. Koordiniert von den deutschen Zentren für Versorgungsforschung und Dermatologie (CVderm) und für Gefäßerkrankungen (CVvasc) wurden die wichtigsten medizinischen Fachgesellschaften, die sich mit der Versorgung von Wunden befassen, identifiziert und zur Zusammenarbeit eingeladen. Darüber hinaus wurden die deutschen Krankenkassenorganisationen und die großen deutschen Wundversorgungsnetzwerke sowie die Deutsche Konferenz für Pflegestandards angesprochen. Insgesamt wurden 28 verschiedene Parteien zum ersten Treffen eingeladen. Bei diesem Treffen wurden eine Charta und Verfahrensstandards für den Gruppenprozess vereinbart. Die Delegierten wählten die Vorsitzenden und den Moderator der Sitzungen. Sie entschieden auch über die Häufigkeit der Sitzungen und die Kommunikation zwischen den Entscheidungskreisen. | |
− | <h4> | + | <h4>Formaler Entscheidungsprozess</h4> |
− | + | Die Konsensarbeit basiert auf einem strukturierten Entscheidungsprozess, der von einem geschulten Moderator koordiniert wird. Alle Prozesse sind in der von allen Delegierten genehmigten Charta geregelt. Der Entscheidungsprozess wurde mit einer Gruppendiskussion in der ersten Präsenzsitzung eingeleitet und durch webbasierte Delphi-Runden formell fortgesetzt. Die Liste der Themen und die Auswahl der Indikationen wurde von der Lenkungsgruppe erstellt und in der nächsten Sitzung auf die Arbeitsgruppe ausgedehnt. Die Abstimmung erfolgte unabhängig von den persönlichen Treffen. Es wurde eine endgültige Entscheidung getroffen, die in der nächsten persönlichen Sitzung abgeschlossen wurde. | |
− | <h4>Standards | + | <h4>Standards des Entscheidungsprozesses</h4> |
− | + | Der Entscheidungsprozess wurde in folgender Weise standardisiert (Abb. 2): Zunächst wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, um die für die Themen relevante Vorgängerliteratur zu identifizieren. Der Stand der Literatur wurde der Gruppe von ausgewählten Mitgliedern vorgestellt und zunächst eine Empfehlung für die Entscheidungen gegeben. | |
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<h4>Consensus on standard and minimum data set</h4> | <h4>Consensus on standard and minimum data set</h4> | ||
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− | + | Abb. 2: Auswahlmöglichkeiten für den Konsensprozess. | |
With respect to the methodological scenarios, a set of standards for use in routine care was highly prioritised, followed by standards for health services research, clinical research and health economics. | With respect to the methodological scenarios, a set of standards for use in routine care was highly prioritised, followed by standards for health services research, clinical research and health economics. |
Version vom 17. April 2020, 14:05 Uhr
Aus dem Englischen übersetzt: Augustin et al.: The German national consensus on wound documentation and outcomes
Augustin M, Schmitt J, Herberger K, Goepel L, Heyer K, Dissemond J, Mayer A, Aschoff R, Beikert F, Bischoff M, Blome C, Bunse J, Diener H, Eberlein T, Eming S, Fansa H, Flesch F, Gaiser F, Gartner S, Gass S, Gerber V, Glau S, Görge T, Großkopf V, Hampel-Kalthoff C, Hartmann B, Helfrich J, Hirsch T, Hochlenert D, Horn T, Imkamp U, Janetzko C, Jost JO, Jünger M, Kaufmann R, Kamperhoff F, Lange-Asschenfeldt B, Langer S, May M, Münter KC, Nagel R, Nast A, Neubert TR, Niederbichler AD, Peter RU, Petzold T, Protz K, Risse A, Schäfer E, Scharffetter-Kochanek K, Schindzielorz M, Schmidt M, Schuster H, Sindrilaru A, Storck M, Tigges W, Tonn C, Valesky E, van Montfrans C, Vanscheidt W, Waldvogel-Röcker K, Wild T, Zouboulis C, Debus S.
für die deutsche Konsensuskonferenz zur Dokumentation und Ergebnismessung bei chronischen Wunden die die deutschen wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften, regionalen Wundnetzwerke, Pflegeeinrichtungen und weitere Organisationen mit Bezug zur Versorgung chronischer Wunden vertritt:
Ärztegenossenschaft Niedersachsen-Bremen (ägnw eG), AOK Baden-Württemberg, AOK Rheinland/Hamburg, Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC), Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD), Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Berufsverband der niedergelassenen Chirurgen (BNC), Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK), Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG), Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV), Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCh), Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG), Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG), Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (DGP), Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW), Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung e.V. (DGfW), Deutsche Wundakademie (DWA), Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP), Forum der Wundnetze in Deutschland, Gesellschaft f. Fußchirurgie (GFFC), Gesellschaft für Fußchirurgie (GFFC), Gesundheitsforen Leipzig GmbH, Initiative chronische Wunden e.V. (ICW), Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Leitliniengruppe DDG/ AWMF, Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS), Rechtsdepesche, Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), WundD•A•CH, Wundforum und AG Wundheilung der DDG, Wundkompetenznetz Mittlerer Oberrhein, Wundnetz Leverkusen-Köln, Wundzentrum Hamburg.
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Chronische Wunden sind eine medizinische Herausforderung und stellen eine große Belastung für die Patienten, die Gesellschaft und die Kostenträger dar. Zu einer genauen und effizienten Behandlung gehört der Einsatz von Ergebnismessungen sowohl in der klinischen Versorgung als auch in der Forschung. Bis heute mangelt es noch immer an einem Konsens über Standards für die Dokumentation und Messung chronischer Wunden, an Vereinbarungen über die Interpretation von Wundheilungsergebnissen und an einer Vereinheitlichung der standardisierten Zielsetzung in der Wundbehandlung.
Schlüsselwörter
Chronische Wunden, Ergebnismessung, Dokumentation, Validierung, Gesundheitsfürsorge, Forschung im Gesundheitswesen, Konsensuskonferenz
Ziel
1) Einrichtung einer nationalen deutschen Konsensgruppe zur Definition von Standards für die Ergebnismessung und Interpretation chronischer Wunden, 2) Vereinbarung von Empfehlungen für Praxis und Forschung auf der Grundlage eines kontinuierlichen Entscheidungsprozesses, einschließlich der Umsetzung der Standards.
Methoden
Initiiert von den deutschen Zentren für Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm) und bei Gefäßerkrankungen (CVvasc) umfasst diese nationale Konsensgruppe Delegierte der nationalen Pflegeausschüsse und der deutschen medizinischen Fachgesellschaften, die sich mit der Versorgung chronischer Wunden befassen sowie der Vorsitzenden regionaler Wundnetzwerke. Darüber hinaus wurden die Dachverbände der deutschen Krankenkassen, das deutsche Gesundheitsministerium und weitere Einzelwundexperten eingeladen. Die Konsensarbeit basiert auf einem strukturierten Entscheidungsprozess, der von einem geschulten Moderator koordiniert wird. Alle Prozesse sind in einer von allen Delegierten genehmigten Charta geregelt.
Ergebnisse
Die Konsensgruppen bestehen aus 58 Vertretern und Ko-Vertretern von 26 Gesellschaften und Organisationen. Seit 2012 wird bei den regelmäßigen halbjährlichen Treffen ein Delphi-basierter Arbeitsablauf befolgt, beginnend mit Standards für die Dokumentation und Ergebnismessung bei Patienten mit Beinulzera. Darüber hinaus werden webbasierte Entscheidungsprozesse durchgeführt, die dann in den persönlichen Treffen zur Finalisierung vorgelegt werden. Als Anwendungsbereiche von besonderem Interesse wurden definiert: Klinische Routine, Forschung im Gesundheitswesen, klinische Forschung, Analyse von Sekundärdaten und Gesundheitsökonomie. Inzwischen sind 245 Einzelentscheidungen genehmigt worden.
Schlussfolgerungen
Auf der Grundlage eines nationalen gemeinsamen Prozesses, an dem die medizinischen Fachgesellschaften, die Pflegegruppen, die deutschen Krankenkassen und die Gesundheitspolitik beteiligt sind, konnte ein kontinuierlicher Entscheidungsprozess über Standards zur Ergebnismessung und -interpretation etabliert werden. Die auf Delphi-Konsensusrunden basierenden Entscheidungsprozesse wiesen hohe Beteiligungsquoten auf und stellen damit ein valides und robustes Normenwerk dar. Erste Ergebnisse befinden sich im Abstimmungsprozess mit den Gesellschaften. Die Umsetzung der Ergebnisse wird dann entscheidend sein.
Hintergrund
Chronische Wunden sind eine medizinische Herausforderung und stellen eine große Belastung für die Patienten, die Gesellschaft und die Kostenträger dar1. Die medizinische Komplexität wird durch die große Variationsbreite der pathogenetischen Bedingungen, klinischen Merkmale und Komorbiditäten 2 verursacht.
Die Patienten erleiden deutliche Einschränkungen der Lebensqualität3,4,5,6,7, erhebliche kumulative Beeinträchtigungen im Lebensverlauf8 und weitgehend unerfüllte Bedürfnisse durch die Behandlung9. Die sozioökonomischen Auswirkungen chronischer Wunden sind beträchtlich. Die jährlichen Durchschnittskosten pro Patient sind hoch und erreichen in Deutschland 8.500 Euro für venöse Beinulzera 10 und etwa 10.000 Euro für arterielle Ulzera 11. Treibender Faktor der Gesamtkosten ist die große Zahl von Patienten mit chronischen Wunden in der Gesellschaft. Basierend auf Daten der gesetzlichen Krankenkassen liegt die Inzidenz chronischer Wunden in Deutschland bei etwa 0,1%, die Prävalenz bei 0,9%12. Bundesweit werden etwa 900.000 Patienten mit chronischen Wunden aktiv behandelt. Die Qualität der Gesundheitsversorgung weist große Unterschiede auf. Eine gute Qualität wird durch die Einbeziehung der Wundspezialisten in den Behandlungsprozess 13 prognostiziert. Schließlich ist das Erreichen einer substanziellen gesundheitsbezogenen Lebensqualität ein Hauptziel der Wundversorgung14.
Zu einer genauen und effizienten Behandlung gehört der Einsatz von Ergebnismessungen sowohl in der klinischen Versorgung als auch in der Forschung. Die Gesundheitsversorgung kann durch den Einsatz von Behandlungszielen im Laufe der Zeit weiter optimiert werden. Standardisierte Sätze von Wunddokumentation und Ergebnisparametern erleichtern die Wundversorgung in der klinischen Routine. Es werden spezifische Kriterien für die Interpretation der Ergebnisse und Definitionen klinisch bedeutsamer Endpunkte benötigt. Bislang sind in Deutschland, wie in den meisten anderen Ländern, keine solchen systematischen Standards veröffentlicht und verabschiedet worden. Stattdessen mangelt es nach wie vor an einem Konsens über die Dokumentation und Messung chronischer Wunden. Darüber hinaus gibt es noch keine Vereinheitlichung der standardisierten Zielsetzung in der Wundbehandlung.
Um Standards für die Messung und Interpretation von Wundheilungsergebnissen festzulegen, wurde 2012 eine deutsche nationale Konsensgruppe ins Leben gerufen. Dieser Gruppe gehörten Vertreter der nationalen medizinisch-wissenschaftlichen Gesellschaften an, die mit der Versorgung chronischer Wunden befasst sind. Darüber hinaus wurden Mitglieder regionaler Wundnetzwerke, weitere Entscheidungsträger und Experten aus verschiedenen beruflichen und institutionellen Bereichen eingeladen. Der vorliegende Beitrag stellt die Prozesse und Strukturen der nationalen Konsensgruppe, die Qualitätsstandards und die priorisierten Arbeitsthemen vor.
Eine erste umfassende Analyse wurde von einer EWMA-Arbeitsgruppe zu Wundergebnissen 15 durchgeführt.
Bewertung chronischer Wunden
Selbst den von Palfreyman et al. in die Metaanalyse einbezogenen Studien 16 fehlte es deutlich an Informationen und wissenschaftlicher Aussagekraft für wesentliche Aspekte wie Verblindung, Leistungsberechnung und Vergleichbarkeit der Basislinien zwischen den Vergleichsparametern. Dieselben Ergebnisse wurden von Heyer et al. 17 berichtet (Abb. 1). In dieser ausführlicheren Metaanalyse wiesen nur weniger als 5% der Publikationen ein zufriedenstellendes Design und eine zufriedenstellende Darstellung der Ergebnismessungen auf.
Ziele
Das Projekt wurde gestartet, um 1) eine nationale deutsche Konsensgruppe für die Definition von Standards für die Ergebnismessung und Interpretation chronischer Wunden einzurichten und 2) sich auf Empfehlungen für Praxis und Forschung zu einigen, die auf einem kontinuierlichen Entscheidungsprozess basieren, einschließlich der Umsetzung der Standards.
Methoden
Initiiert von den deutschen Zentren für Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm) und bei Gefäßerkrankungen (CVvasc), umfasst diese nationale Konsensgruppe Delegierte der deutschen wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften, die sich mit der Versorgung chronischer Wunden befassen, die nationalen Pflegeausschüsse und die Vorsitzenden regionaler Wundnetzwerke18. Darüber hinaus wurden die Dachverbände der deutschen Krankenkassen, das deutsche Gesundheitsministerium und weitere Einzelwundexperten eingeladen.
Einrichtung der nationalen Konsensgruppe
Die Konsensgruppe wurde von Mitgliedern verschiedener Wundheilungsgesellschaften initiiert, die sich mit der Versorgungsforschung für chronische Wunden in Deutschland befassen. Koordiniert von den deutschen Zentren für Versorgungsforschung und Dermatologie (CVderm) und für Gefäßerkrankungen (CVvasc) wurden die wichtigsten medizinischen Fachgesellschaften, die sich mit der Versorgung von Wunden befassen, identifiziert und zur Zusammenarbeit eingeladen. Darüber hinaus wurden die deutschen Krankenkassenorganisationen und die großen deutschen Wundversorgungsnetzwerke sowie die Deutsche Konferenz für Pflegestandards angesprochen. Insgesamt wurden 28 verschiedene Parteien zum ersten Treffen eingeladen. Bei diesem Treffen wurden eine Charta und Verfahrensstandards für den Gruppenprozess vereinbart. Die Delegierten wählten die Vorsitzenden und den Moderator der Sitzungen. Sie entschieden auch über die Häufigkeit der Sitzungen und die Kommunikation zwischen den Entscheidungskreisen.
Formaler Entscheidungsprozess
Die Konsensarbeit basiert auf einem strukturierten Entscheidungsprozess, der von einem geschulten Moderator koordiniert wird. Alle Prozesse sind in der von allen Delegierten genehmigten Charta geregelt. Der Entscheidungsprozess wurde mit einer Gruppendiskussion in der ersten Präsenzsitzung eingeleitet und durch webbasierte Delphi-Runden formell fortgesetzt. Die Liste der Themen und die Auswahl der Indikationen wurde von der Lenkungsgruppe erstellt und in der nächsten Sitzung auf die Arbeitsgruppe ausgedehnt. Die Abstimmung erfolgte unabhängig von den persönlichen Treffen. Es wurde eine endgültige Entscheidung getroffen, die in der nächsten persönlichen Sitzung abgeschlossen wurde.
Standards des Entscheidungsprozesses
Der Entscheidungsprozess wurde in folgender Weise standardisiert (Abb. 2): Zunächst wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, um die für die Themen relevante Vorgängerliteratur zu identifizieren. Der Stand der Literatur wurde der Gruppe von ausgewählten Mitgliedern vorgestellt und zunächst eine Empfehlung für die Entscheidungen gegeben.
Ergebnisse
Consensus on standard and minimum data set
The group identified the definition of minimum and standard data sets as a key task of the consensus. After a systematic literature search and work-up of articles published in the international databases (Pubmed, Medline) the publications available on the data sets were reported to the group and discussed. The selection of the variables considered relevant for the minimum standard data set was then agreed in a web-based Delphi process.
Classification of items
Beside of the minimum and standard item set, a consensus was reached on the definition, classification and thresholds of all items selected. This agreement was also based on repeated Delphi rounds.
Selection of topics
The list of topics and indications to be addressed in the standardisation process was consented based on a three steps Delphi consensus process. With respect to indications, leg ulcers had the highest priority, followed by diabetic foot ulcers and pressure ulcers (Fig. 2).
Abb. 2: Auswahlmöglichkeiten für den Konsensprozess.
With respect to the methodological scenarios, a set of standards for use in routine care was highly prioritised, followed by standards for health services research, clinical research and health economics.
Clinical research
In this area, items are to be consented which are valid and visible for the use in clinical research, including controlled trials and patient registries. Furthermore, relevant meaningful differences are needed.
Health services research and selective contracts
The set of parameters was consented for the use of specific questions on health care processes and outcomes related to wound care. In particular, a set of quality indicators related to guidelines is defined.
Heads economic parameters
Wound-related standards are consented for health economic analysis related to cost-of-illness as well as cost-effectiveness studies on a wide range of treatments and care.
Analysis of secondary data
The use of German sick fund data and other sources providing secondary data is reflected and consented in this section.
Fig. 3: Results of the Delphi consensus process on the wound indications.
Fig. 4: Results of the prioritisation of items for the standard data set (excerpt; nominated as necessary by ≥60% of participants).
Aktueller Stand
In the meantime after seven face-to-face meetings and nine web-based Delphi votes, the whole package for leg ulcers has been consented. Currently, the consensus is reported to the boards of the national medical societies for approval. An implementation will start immediately after final approval.
Diskussion
The aim of the current project is a systematic development of standards for the documentation and outcomes measurement in chronic wounds. This consensus meets a gap between clinical practice, clinical research, health care research and health economics for wounds on the one hand and evidence-based outcomes research on the other. Standards and harmonisation will support a better comparability and efficiency in routine car for wounds. It will also raise the quality of research by permitting comparing studies and metaanalyses, which so far were challenged by the heterogeneity of outcomes parameters17. Like in other fields of wound care, the dissemination of such outcomes instruments and the use of specific implementation tools is crucial19. The national conference has included this in the decision-making process.
Schlussfolgerungen
Based on a national joint process involving the medical societies, the nursing groups, the German sick funds and health politics, a continuous decision process on standards for outcomes measurement and interpretation could be established. The decision processes based on delphi consensus rounds showed high levels of participations and thus provide a valid and robust set of standards. First results are in the process of approval by the societies. The implementation of the outcomes will then be crucial.